“Verbietet die EU Autofahren ab 70 Jahre?”

Foto: European Parliament Stavros

Generalverdacht anstelle von Eigenverantwortung

Die Tiroler EU-Abgeordnete Barbara Thaler berichtet in ihrer Kolumne direkt aus dem Europaparlament über den Kommissionsvorschlag zur Führerscheinrichtlinie.

Führerschein ab dem 70. Geburtstag nur noch mit Einschränkungen? Will die EU-Kommission älteren Menschen das Autofahren tatsächlich verbieten? Nachdem ich nun einige Anfragen dazu am Tisch habe, erlaube ich mir das Thema ausführlicher zu beantworten.

Der Hintergrund des Vorschlages ist nobel. Die Kommission will die Anzahl der Verkehrstoten bis 2050 auf annähernd 0 reduzieren. In den letzten Jahrzehnten wurden dazu bereits erhebliche Fortschritte gemacht. 2001 gab es noch 51.400 Verkehrstote, im Jahr 2021 waren es noch 19.800.

Ausschlaggebend für die Reduktion war eine bessere Ausbildung und Sensibilisierung, aber auch erhebliche Fortschritte in der Fahrzeugsicherheit. Die strengeren Vorschriften für Fahrzeugbauer sind übrigens der Hauptgrund, warum die Fahrzeugfront bei fast allen Herstellern sehr ähnlich ist. Aber, in der Führerscheinrichtlinie geht es um den Erwerb und das Erneuern des Führerscheins.

Hier schlägt die Kommission vor, dass bei der Erneuerung des Führerscheins die medizinische Fahrtüchtigkeit gegeben sein muss. So weit so verständlich.

„Früher galt der Generalverdacht für Frauen, nun für Ältere – Beides ist falsch.“

MEP Barbara Thaler

Die „anhaltende Fahrtüchtigkeit“ muss bei jeder Erneuerung bestätigt werden, allerdings sagt die Kommission auch, dass A und B Scheine generell 15 Jahre gelten sollen, ab dem 70. Lebensjahr aber maximal 5 Jahre. Dadurch will man sicherstellen, dass ärztliche Untersuchungen und Auffrischungskurse öfter stattfinden. Die genaue Formulierung steht im Artikel 10.

Ich zitiere: „Die Bewertung hat ergeben, dass die derzeitige altersabhängige Überprüfung nicht mehr als das relevanteste Verfahren angesehen wird. Obwohl es Hinweise auf eine mögliche altersbedingte körperliche Beeinträchtigung gibt, haben einige Studien gezeigt, dass bestimmte Indikationen wie Drogenmissbrauch, psychische Erkrankungen, Epilepsie und Diabetes, Herzerkrankungen und Schlafapnoe nicht zwangsläufig mit dem Alter zusammenhängen. Sie stellen jedoch im Hinblick auf die medizinische Tauglichkeit zum Führen eines Kraftfahrzeugs einen wichtigeren Faktor dar als das Alter.“.

Warum hat dann die Kommission trotzdem das Alter als Kriterium eingeführt? Kurz gesagt: Weil es ein paar „Stakeholder“ aus dem NGO-Bereich als notwendig angesehen haben.

Was heißt das in Summe? Das Alter 70 war eine politische Entscheidung der Europäischen Kommission. Die Fahrsicherheit basiert immer noch auf Erfahrung, körperlicher und geistiger Gesundheit. Bei Fahranfängern fehlt die Erfahrung. Da ist es auch egal ob der Anfänger 17 oder 45 ist. Anfänger ist Anfänger. Bei der körperlichen und geistigen Gesundheit ist es anders. Manche sind fit bis ins hohe Alter, andere leider nicht. Es ist eben von Mensch zu Mensch unterschiedlich und so soll es auch behandelt werden. Es soll keinen Generalverdacht geben, sondern es gilt die Eigenverantwortung eines jeden Einzelnen bei entsprechenden Symptomen zum Arzt zu gehen. Egal ob man 20, 40 oder 80 Jahre alt ist. 

Der Gesetzesvorschlag ist jetzt in einem Anfangsstadium. Die Verhandlungen beginnen und das EU-Parlament wird im Herbst darüber abstimmen. Ich halte Euch am Laufenden.

Wie ist deine Meinung zur Führerscheinrichtlinie? Melde dich gerne unter barbara.thaler@europarl.europa.eu


Zum Nachlesen:

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