Lieferkettenkontrolle braucht klares Regelwerk

Foto: European Parliament Stavros

Die EU-Kommission geht mit neuer Schärfe im Schutz der Menschenrechte voran.

Die Tiroler EU-Abgeordnete Barbara Thaler berichtet in ihrer Kolumne direkt aus dem Europaparlament über den Entwurf zum neuen EU-Lieferkettengesetz.

Die Europäische Kommission hat sich dazu entschlossen, Menschenrechtsverletzungen in den Lieferketten von Unternehmen den Kampf anzusagen – das ist wichtig und richtig! Wichtig ist aber auch, die politische Verantwortung nicht allein an Unternehmen abzugeben!

Zunächst sei ein kurzer Rückblick erlaubt: Im Februar 2022 stellte die Kommission ihren neuen Entwurf zu Sorgfaltspflichten zum Schutz von Menschenrechten und der Umwelt in Lieferketten vor. In Zukunft sollen Unternehmen in der Europäischen Union also menschen- und umweltrechtliche Standards entlang ihrer gesamten Lieferketten einhalten und kontrollieren. Die Kommission geht mit neuer Schärfe im Schutz der Menschenrechte voran – der Gesetzesentwurf ist einer der größten Vorstöße seit der EU-Grundrechtscharta. Jede Lieferkette soll künftig genau zurückverfolgt werden – vom Materialabbau bis zur Endfertigung. Die Sorgfaltspflichten müssen zu jedem Zeitpunkt eingehalten werden.

„Verantwortung darf nicht allein auf EU-Unternehmen abgewälzt werden!“

MEP Barbara Thaler

Es ist gut, dass die Kommission diesen Weg geht. Die Menschenrechte werden damit international stärker geschützt als jemals zuvor. So sehr der Grundgedanke auch gut ist, so sehr müssen wir hier bei der Umsetzung aufpassen. Dieser Vorschlag kann nur funktionieren, wenn er auch verhältnismäßig und der Anwendungsbereich glasklar abgegrenzt ist. Dass das in der EU-Gesetzgebung möglich ist, haben wir mit den Gesetzen über digitale Märkte und digitale Dienste erst kürzlich bewiesen. Hier müssen internationale Konzerne je nach Größe bestimmte Bestimmungen einhalten. Das muss auch die Zielgruppe des Lieferkettengesetzes sein: Big Player und große internationale Konzerne, die ihre Rohstoffe aus der ganzen Welt beziehen. Nicht das Altstadtcafé, das in Zukunft nachprüfen muss, wo die Kaffeebohnen für den Verlängerten herkommen. Ansonsten werden Unternehmen in ganz Europa unter Generalverdacht gestellt und die Verantwortung wird gänzlich auf die Wirtschaft abgeschoben. Damit wird der Betrieb innerhalb der Europäischen Union deutlich erschwert.

Die gute Nachricht: Klein- und Mittelunternehmen sind vom derzeitigen Gesetzesentwurf ausgenommen. Die Regelung gilt im aktuellen Entwurf nur für Großkonzerne. 500 Beschäftigte und 150 Millionen Euro weltweiter Umsatz sind vorgesehen. Wobei auch Unternehmen ab 250 Beschäftigten mit einem weltweiten Umsatz von 40 Millionen Euro umfasst sind.

Die schlechte Nachricht: Es wird viel an Verhandlungsgeschick brauchen, damit das auch so bleibt. Nicht für alle Fraktionen im Europaparlament ist klar, dass diese Maßnahmen für Klein- und Mittelunternehmen in der Umsetzung unmöglich sind. Die Abhängigkeit von einzelnen Zulieferern ist zu groß und der Verwaltungsaufwand, der gesamten Lieferkette nachzugehen, ist es auch. Internationale Konzerne hingegen sollen stärker kontrolliert werden.

Für mich steht diese Ausnahme nicht zur Diskussion und ich werde mich dafür einsetzen, dass das so bleibt. Über 99 Prozent der Firmen in Europa sind Klein- und Mittelunternehmen und insgesamt beschäftigen diese über 90 Millionen Menschen.

Die Gewährleistung der Menschenrechte hat oberste Priorität. Doch hier ist die Politik gefordert, um ein klares Regelwerk zu erstellen und die Kontrolle zu sichern. Die Verantwortung darf nicht allein auf die europäischen Unternehmen abgewälzt werden.

Du hast Fragen zu meiner Arbeit oder zum Lieferkettengesetz? Dann schreib mir unter barbara.thaler@europarl.europa.eu


Zum Nachlesen:

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