Eine Alternative zu den herkömmlichen Zahlungsmitteln.
Die Tiroler EU-Abgeordnete Barbara Thaler berichtet in ihrer Kolumne direkt aus dem Europaparlament über die geplante Einführung des „digitalen Euro“.
Der „digitale Euro“ ist derzeit im politischen Brüssel in aller Munde. Egal ob beim Mittagessen in der Kantine des Europäischen Parlaments, beim Smalltalk zwischen Sitzungen oder beim Austausch mit Besuchergruppen, überall hört man derzeit Diskussionen über das Vorhaben der Europäischen Zentralbank, eine digitale Version des Euro einzuführen. Doch was genau ist der „digitale Euro“?
Im Juli 2021 hat der Rat der Europäischen Union entschieden, eine Untersuchungsphase für die Einführung des digitalen Euro zu starten. Diese Phase soll bis Oktober 2023 laufen. Im Anschluss muss der Rat erneut entscheiden, ob weitere Schritte zur Einführung des neuen Zahlungsmittels verfolgt werden. Der digitale Euro soll von der Europäischen Zentralbank (EZB) eingeführt werden und als elektronisches Zentralbankgeld und offizielles Zahlungsmittel fungieren. Er wäre damit das offizielle digitale Gegenstück zum herkömmlichen Bargeld.
Zunächst möchte ich eines klarstellen: Der digitale Euro soll das Bargeld nicht ersetzen, sondern lediglich eine Alternative als offizielles Zahlungsmittel neben den Banknoten bieten. Ein „Bargeldverbot“ oder eine Abschaffung von Scheinen und Münzen ist also ausdrücklich nicht das Ziel des Vorhabens, auch wenn dies von manchen politischen Akteuren suggeriert wird.
„Der Markt der digitalen Zahlungsmittel funktioniert aus Kundensicht sehr gut. Braucht es staatlichen Eingriff?“
MEP Barbara Thaler
Nun aber zu den Vor- und Nachteilen des digitalen Euro. In ihrer Projektvorstellung schreibt die Europäische Zentralbank selbst: „die Akzeptanz eines digitalen Euro steht und fällt mit den Vorteilen, die er seinen Nutzern bietet“. Genau hier sehe ich die große Schwäche des Projekts. Auch nach ausführlicher Auseinandersetzung mit dem digitalen Euro kann ich leider nicht erkennen, wie dieser die alltäglichen Zahlungsvorgänge erleichtert. Jedes Kaugummi lässt sich heutzutage wahlweise mit Bargeld, per Smartwatch, Handy oder EC-Karte bezahlen. Hinzu kommt eine Vielzahl von Anwendungen für Onlinekäufe. Der Markt der digitalen Zahlungsmittel funktioniert aus Kundensicht sehr gut. Aus meiner Sicht braucht es hier daher keinen staatlichen Eingriff durch die EZB.
Weitere Argumente der EZB sind die „Stärkung der strategischen Autonomie des Euroraums“ und die Schaffung eines „monetären Stabilitätsankers für das Zahlungssystem“. Als Anreiz zur Schaffung einer staatlich regulierten Digitalwährung diente der EZB sicher auch der gescheiterte Versuch von Facebook, im Jahr 2019 die Digitalwährung „Libra“ einzuführen. Eine europäische Alternative zum US-dominierten Markt für Kartenzahlungen und digitale Währungen zu schaffen, ist grundsätzlich begrüßenswert, an der Supermarktkassa schafft sie jedoch keinen zusätzlichen Nutzen gegenüber dem bisherigen System von Bargeld und Kartenzahlung.
Als IT-Unternehmerin stehe ich digitalen Neuerungen grundsätzlich sehr offen gegenüber. Es kommt jedoch nicht auf große Überschriften an, sondern auf den Mehrwert für die Nutzerinnen und Nutzer, den eine Neuerung bietet. Diesen Mehrwert sehe ich beim digitalen Euro leider bislang noch nicht.
Wie steht ihr zum digitalen Euro? Schreibt mir gerne an barbara.thaler@europarl.europa.eu
Zum Nachlesen:
Weitere EU-Kolumnen von MEP Barbara Thaler findet ihr hier.