Brüssel: Zu Besuch bei Barbara Thaler

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Die Tiroler Funktionär:innen waren mit der Funktionärsbetreuung zu Besuch bei Barbara Thaler im Europäischen Parlament in Brüssel und durften zudem Gespräche mit Vertretern der Ständige Vertretung Österreichs bei der EU, der Europäische Kommission und der Euregio führen. © MAKe deSIGn; WK Tirol

Exkursion der Tiroler Funktionär:innen zum Europäischen Parlament in Brüssel

Auf Einladung der Tiroler EU-Abgeordneten und WK-Vizepräsidentin Barbara Thaler reiste eine Gruppe Tiroler Funktionär:innen im Juni 2023 nach Brüssel und konnte hinter die Kulissen der Ständigen Vertretung Österreichs, des Europäischen Parlaments und der Europäischen Kommission blicken und wertvolle Eindrücke von der Interessenvertretung auf europäischem Parkett gewinnen.

Wer sitzt wo? Wie lange darf eine Abgeordnete sprechen? Und wie funktioniert eine Dolmetschkabine? Bei unserem Besuch im Europäischen Parlament hatten wir die Gelegenheit den Plenarsaal zu besichtigen und haben mehr über die Arbeitsweisen im Parlament erfahren.

Der Plenarsaal des EU-Parlaments in Brüssel.
© WK Tirol

Verkehr, Binnenmarkt, Energie und Agrarpolitik: Was läuft aktuell im Parlament?

Anschließend haben wir uns mit den Europa-Parlamentariern Barbara Thaler und Herbert Dorfmann insbesondere zu drei Schwerpunkt-Themen ausgetauscht: Verkehr und Brennerachse, 30 Jahre Europäischer Binnenmarkt, Energie und Green Deal.

Wie kann man das europäische Zugleitsystem digitalisieren? Welche Vorgaben kann die EU den Mitgliedstatten zu Investitionen in die Schiene machen? Wie gestaltet man ein nachhaltiges Europa und bleibt gleichzeitig wettbewerbsfähig? Barbara Thaler hat uns beim Besuch an ihrem EU-Arbeitsplatz einen Überblick zu ihren derzeitigen Arbeitsschwerpunkten gegeben und sich viel Zeit genommen, all das zu beantworten, was die Teilnehmer:innen schon immer mal über die EU wissen wollten. Die stellvertretende Verkehrssprecherin der Europäischen Volkspartei setzt sich insbesondere für ein wettbewerbsfähiges Europa, eine moderne Verkehrspolitik und als Mitglied im Binnenmarkt-Ausschuss für einen einheitlichen europäischen Binnenmarkt ein. Ihre Fokusthemen sind zudem Digitalisierung, Fairness im Online-Handel und das Europäische Klimaschutzgesetz.

Neben wertvollen Eindrücke von der Interessenvertretung auf europäischem Parkett bleib den Teilnehmerinnen und Teilnehmern zwischen den Programmpunkten und bei einer Stadtführung genügend Zeit zum Netzwerken und Lachen.
Foto: EP Fotoservice; Video: MAKe deSIGn

In Hinblick auf Umweltpolitik und Energierichtlinien hat Barbara Thaler eine klare Haltung und konnte zudem die Besucher auf den aktuellen Stand der Verhandlungen zur Erneuerbaren Energierichtlinie bringen. Echte Nachhaltigkeit ist für Thaler mehr als nur Klimaschutz, es sei ein Konzept, das die Wettbewerbsfähigkeit Europas und soziale Balance miteinschließe. Diese beiden Dimensionen wurden ihrer Einschätzung nach bei der getroffenen Entscheidung der EU zum Aus für Verbrennungsmotoren ab 2035 außer Acht gelassen.

“Ich habe nichts gegen Elektro-Autos, im Gegenteil – du fährst mit einem Computer! Wie cool ist das denn! Ich komm ja aus der IT-Branche. Aber: Es gelingt dir nicht, die Leute mitzunehmen!”

Barbara Thaler, EU-Abgeordnete
© WK Tirol

Wie kann grenzüberschreitender Schienenverkehr verbessert werden? Welcher Konsens zum Brennerkorridor ist denkbar? Welche Maßnahmen zu Stärkung und Ausbau des europäischen Binnenmarkts müssen gesetzt werden? Und wie kann die Agrarproduktion nachhaltig gesteigert werden? Mit dem Südtiroler Abgeordneten zum EU-Parlament Herbert Dorfmann haben wir einen Blick über die Landesgrenzen zu unserem südlichen Nachbarn gewagt. © WK Tirol

Dorfmann ist Mitglied im Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung sowie Stellvertreter im Ausschuss für Haushalt, Wirtschaft und Währung sowie für regionale Entwicklung. Er engagiert sich für nachhaltige Agrarpolitik und für Schutz und Ausbau des europäischen Binnenmarkts. Im Dialog mit Barbara Thaler und im Gespräch mit den Funktionär:innen ging er insbesondere auf die Schwerpunkte in der Agrarpolitik ein. “Diese Legislatur steht unter dem Schwerpunkt Green Deal. Ich bin überzeugt davon, dass dieser Fokus uns auch wirtschaftliche Chancen eröffnet. Nun geht es darum Anreize zu nachhaltigen Investitionen in Forschung und Entwicklung zu schaffen. Vor allem in der Agrarproduktion und in der Speicherung von Wasser bieten die neuen Technologien viel Potenzial. Es gilt im Bereich Lebensmittel vor allem hinsichtlich des Ukraine Krieges das Augenmerk auf die Versorgungssicherheit zu setzen”, stellt Dorfmann klar.

Interessenpolitik Österreichs auf europäischem Parkett

Wie schaut die österreichische Interessenpolitik auf europäischer Ebene aus? Wie kommen Informationen zu wichtigen Entscheidungen der EU bereits vorab nach Wien? In der sogenannten Ständigen Vertretung Österreichs bei der EU, sozusagen der „EU-Botschaft“ Österreichs laufen die Fäden zusammen. Hier werden Informationen ausgetauscht zwischen allen wichtigen Partnern Österreichs: den EU-Expert:innen aus allen österreichischen Bundesministerien, den Verbindungsstellen der Bundesländer und den Vertreter:innen von Sozialpartnern, Industriellenvereinigung, Nationalbank, Gemeindebund und Städtebund.

Bei unserem Besuch in der Ständigen Vertretung Österreichs hatten wir die Gelegenheit mit Veronika Möller, Leiterin der EU Representation der WKÖ (hier Bildmitte), Roland Meinecke, Abteilungsleiter des Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort und Florian Pecenka, Abteilungsleiter des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung, zu sprechen. © MAKe deSIGn

Roland Meinecke, Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort

Nach einem Überblick zum Prozess der EU-Gesetzgebung und zu den entscheidenden Organen sowie zu Entscheidungsphasen und Zeitplan brachte Roland Meinecke den Zweck der österreichischen Interessenpolitik in Brüssel auf den Punkt: “Wenn du hier bist, musst du die Themen ‘verösterreichern‘. Sonst ist bei Maßnahmen zum Sommertourismus ständig nur vom Meerurlaub die Rede – auf den Tourismus in den Alpenregionen wird ohne uns vergessen.”

DIE Stimme der österreichischen Wirtschaft in Brüssel ist Veronika Möller, Leiterin der EU Representation der WKÖ in Brüssel. Sie bekennt sich klar zu ihrer Hauptaufgabe als Lobbyistin der österreichischen Unternehmen und präsentierte den Funktionär:innen die Agenda EU der Wirtschaftskammer Österreichs mit dem Ziel Europas Wirtschaft wiederaufzubauen und resilient zu gestalten.

“Das neue Lieferkettengesetz greift – was die Zulieferer betrifft – einfach zu weit. Im Sinne der Standortsicherung warne ich stark vor einer Überregulierung des Marktes. Wir müssen den Menschen eine Eigenverantwortung zumuten und auch zutrauen.”

Veronika Möller, EU Representation WKÖ
© MAKe deSIGn

Florian Pecenka, Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung

Mit Florian Pecenka sprachen wir über Bildung im Allgemeinen und Berufsbildung im Speziellen, mit Blick auf einen mögliche Harmonisierung in der Dualen Ausbildung oder der Maturaprüfung auf europäischer Ebene. “Man darf nicht vergessen, dass die EU keine Bildungskompetenz hat”, stellte Pecenka klar und führt aus: “Diese liegt allein bei den Mitgliedstaaten. Dennoch gibt es selbstverständlich Bestrebungen Ausbildungwege und vor allem Bildungsabschlüsse vergleichbar zu machen. Wir sprechen hier aber nicht von einer Harmonisierung, sondern davon, vergleichbare Standards im Sinne der Mobilität der Menschen einzuführen.” Er wieß zudem daauf hin, dass derzeit der Trend Richtung Akademiserung der Berufsbildung gehe, um dem digitalen Wandel gerecht zu werden und die Kompetenzen in dieser Technologie-affinen Welt zu schärfen.

Die Europäische Kommission: die politische Exekutive der Europäischen Union

Die Europäische Kommission erstellt Vorschläge für neue europäische Rechtsvorschriften. Sie führt das Tagesgeschäft der EU, indem sie die politischen Maßnahmen umsetzt und die Mittel der Europäischen Union verwaltet. Ihre zentrale Aufgabe ist es, die gesamten Interessen der EU zu vertreten. Sie überwacht die unterschiedlichen Politikbereiche und setzt die Interessen um, indem sie dem Parlament sowie dem Rat Vorschläge für neue Rechtsvorschriften macht (Initiativrecht), den EU-Haushaltsplan verwaltet (mit Rat und Parlament den „Finanzrahmen“ der EU festlegt, den jährlichen Haushaltsplan erstellt, die Ausgaben der EU-Mittel kontrolliert), gemeinsam mit dem Europäischen Gerichtshof das EU-Recht durchsetzt („Hüterin der Verträge“) und die EU auf internationaler Ebene vertritt (z.B. in der Welthandelsorganisation oder bei Vertragsverhandlungen).

Johannes Enzmann (Generaldirektion Klimapolitik) gab den Funktionär:innen einen Einblick in die Aufteilung der Zuständigkeiten in der Europäischen Kommission, die EU-Vertragsverletzungsverfahren, EU-Gesetze und EU-Recht sowie in ihre Kompetenzen als “Hüterin der Verträge”. © WK Tirol
Im Zentrum der Gespräche beim Besuch in der Europäischen Kommission stand die Klimapolitik der EU. © MAKe deSIGn

Im Zentrum der Gespräche beim Besuch in der Europäischen Kommission stand die Klimapolitik der EU, mit Fokus auf den Klima-Subventionsplan für die EU-Industrie und den “Europäischen Grünen Deal“.

Der Green Deal der EU soll Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent machen. Um die Wirtschaft für diesen Plan zu gewinnen, will man in Brüssel einen großen Hebel nutzen: die Finanzen. Nachhaltig agierende Unternehmen sollen in Zukunft bei der Kreditvergabe und auf den Finanzmärkten besser bewertet werden und daraus Vorteile ziehen. Der Haken ist eine immer größer werdende Flut an Regularien, die Unternehmen beschäftigen werden — die geforderte Nachhaltigkeit muss schließlich mit vergleichbaren und überprüfbaren Daten belegt werden. Nicht mehr schöne Umweltberichte, sondern nüchterne Bilanzen sollen zeigen, wie ernst ein Unternehmen den Klimaschutz nimmt. CSR (Corporate Social Responsibility) werde zur rechtlich verbindlichen Corporate Accountability, wie es Maria Lein vom Brüsseler Büro der Industriellenvereinigung formuliert.

aus “Die Presse” vom 22.06.2023, Seite 29

Abschließend berichtetete uns Max Strotmann aus dem Kabinett von Kommissar Johannes Hahn, dem österreichischen Kommissionsmitglied der aktuellen EU-Kommission “von der Leyen”. Er sprach mit uns über den Arbeitsalltag eines EU-Kommissars, seine aktuellen Agenden, sein Standing in der Kommission sowie über das EU-Budget und den Jährlichen Europäischen Finanzrahmen.

Tirol in Brüssel: vom Verkehr bis zum Wolf

Zum Abschluss waren die Funktionärinnen und Funktionäre bei einem lockeren Austausch mit Richard Seeber, dem Leiter des Tirolbüros der EUREGIO in Brüssel. Die Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino hat seit 1995 ein Vertretungsbüro in Brüssel und kümmert sich um die gemeinsamen Interessen der drei Länder in den Bereichen Regionalpolitik, Wirtschaft, Umwelt, Landwirtschaft, Soziales, Bildung, Wissenschaft und Kultur. Diese Vertretung der Euregio arbeitet eng mit den Mitgliedern des Europäischen Parlaments aus Tirol und der weiteren Alpenländer zusammen, um die gemeinsamen Anliegen voranzubringen.

Richard Seeber war selbst jahrelang Abgeordneter zum EU-Parlament und ist daher mit dem Brüsseler Parkett bestens vertrtaut und gut vernetzt. Er setzt sich insbesondere für die spezifischen Tiroler Interessen im Transitbereich und Warenverkehr ein. Beim unserem Treffen in Brüssel nahm er sich viel Zeit, um auf die persönlichen Fragen und Anliegen der Funktionärinnen und Funktionäre einzugehen.

© WK Tirol

#funktionärsein:

Informieren – vernetzen – weiterbilden

Auf dieser Reise konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer viele spannende Eindrücke gewinnen und sich über die eigenen Branchen hinaus austauschen und vernetzen.

In vielen informellen Gesprächen untereinander konnten sie Einblicke in die Betroffenheiten der einzelnen Branchen gewinnen, wodurch Ideen der gegenseitigen Unterstützung in den Fachgruppen, Gremien und Innungen entstanden sind. Darüber hinaus wurde viel gelacht und neue Freundschaften sind entstanden.

© MAKe deSIGn


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