Barbara Thaler – Unsere neue Präsidentin stellt sich vor

Barbara Thaler, Präsidentin der Tiroler Wirtschaftskammer (© Gerhard Berger)

Antrittsrede: “In die Zukunft investieren”

“Es ist etwas, das jeder Unternehmer, jede Unternehmerin kennt: Manchmal muss man sich kurzfristig auf neue Bedingungen einstellen. Kurzfristig waren die erforderlichen Reaktionen auf die persönliche Krisensituation, mit der Christoph Walser konfrontiert ist. Ich habe höchsten Respekt vor seiner glasklaren Entscheidung.

Es ist mir eine Ehre, nun als neue Präsidentin die Tiroler Wirtschaftskammer zu leiten. Danke für das Vertrauen, das mir von meinen Kolleginnen und Kollegen im Präsidium sowie den Spitzenfunktionärinnen und –funktionären der Wirtschaftskammer und des Wirtschaftsbundes entgegengebracht wurde. Ich bin mir der großen Aufgabe bewusst.

Mit den Funktionär:innen unseres Hauses, mit Direktorin Evelyn Geiger-Anker und den vielen engagierten Mitarbeiter:innen werden wir einen nahtlosen Übergang im Sinne der Mitglieder sicherstellen. Und das ist für die Kammer als Dienstleistungsorganisation der Tiroler Wirtschaft das Wesentlichste – verlässlich für die Unternehmerinnen und Unternehmer da zu sein – in der Interessenvertretung, im Service und in der Aus- und Weiterbildung.

Wenn ich „nahtlos“ sage, meine ich das durchaus wörtlich: In der Amtszeit von Christoph Walser sind viele mutige Weichenstellungen vorgenommen worden – von Infrastrukturprojekten wie dem Neubau der Villa Blanka, der Bezirksstelle Imst, dem Kauf der Erweiterungsfläche für das WIFI über ein klares Bekenntnis zu Regionalität bis hin zu einem intensiven Einsatz für die dualen Ausbildung.

Das wird am Beispiel Bildung deutlich: Eine Herzensangelegenheit war für Christoph Walser die Lehre, der er einen neuen Stellenwert gegeben hat. Mit Kampagnen wie „Mei Madl, mei Bua“, „Träum weiter“ und seinem unermüdlichen Einsatz für die Höhere Berufliche Bildung – die nun kurz davor steht Gesetz zu werden. Das ist auch eine meiner Herzensangelegenheiten: Die Lehre und der Meister – und generell die Bildung.

Auch das Thema Nachhaltigkeit hat in der Wirtschaftskammer Tirol einen hohen Stellenwert, wir sind auf diesem Gebiet österreichweit führend. Mein Vorgänger übergibt somit ein gut geführtes Haus mit über 400 Expert:innen und einem WIFI, um das uns andere Bundesländer beneiden.

Ich betone das alles deswegen, weil es unzählige gute Gründe gibt, daran anzuknüpfen. Christoph Walser musste die Kammer aus persönlichen Gründen verlassen, sein eingeschlagener Kurs für das Haus war wegweisend. Deswegen möchte ich bei diesen Eckpfeilern auf Kontinuität setzen und den Erfolgskurs der Wirtschaftskammer Tirol fortführen.

Fortführen möchte ich auch die starke Teamorientierung in unserem Haus – das Miteinander von Funktionär:innen und Mitarbeiter:innen, die konstruktive Zusammenarbeit mit allen anderen wahlwerbenden Gruppen in der WK, den guten Draht zu den Sozialpartnern.

Dieser nahtlose Übergang in der Führung der WK Tirol ist notwendig, weil die Betriebe vor extrem großen Herausforderungen stehen. Das Jahr 2024 wird schwierig. Bau und Industrie bewegen sich in eine Rezession, zum Glück sorgt der Tourismus in Tirol für einen gewissen Ausgleich. Diese ausgewogene Struktur der Tiroler Wirtschaft hat uns schon oft durch schwierige Jahre geholfen. Wir müssen auch in Zukunft darauf schauen, dass wir uns unsere stabilen Standbeine bewahren.

Die Wirtschaftskammer wird sich weiterhin intensiv bei den großen Themen Arbeitskräftemangel, Energie, Steuerquote und Entbürokratisierung einbringen. Auch bei den KV-Verhandlungen werden unsere Branchenvertreter:innen Augenmaß und Hausverstand einfordern.

Das ist das Tagesgeschäft, und diesem Tagesgeschäft werde ich mich gemeinsam mit dem gesamten Team natürlich widmen. Aber ich habe mir auch überlegt, welche Schwerpunkte ich in den kommenden Jahren setzen möchte. Ich möchte in die Zukunft investieren. Das umfasst drei zentrale Punkte.
In die Zukunft investieren bedeutet …

1. in Innovation und Forschung zu investieren

Die Bedeutung dieser beiden Wörter für unseren Wirtschaftsstandort kann nicht genug betont werden. Wenn sich ständig alles ändert, ist Innovation der Schlüssel zum Erfolg.

Wie oft bin ich in den vergangenen Jahren bei Betriebsbesuchen staunend vor einer CNC-Fräsmaschine gestanden oder habe eine Robotersortiermaschine bewundert, die einen frostigen Job im Kühlhaus übernimmt oder zum Erfindungsgeist gratuliert, weil eine simple Alu-Schiene den Transport von bestimmten Glasflaschen so vereinfacht hat, dass diese Idee jetzt zum Patent angemeldet wird.
Ich bin begeistert, wie findig, wie mutig, wie kreativ unsere Firmen sind und wie sie Probleme ihrer Kund:innen lösen.

Innovation und Forschung passiert nicht nur im Silicon Valley, sondern auch bei uns im Stubaital oder Zillertal, Tag für Tag.

Es geht um Wettbewerbsfähigkeit, es geht um Attraktivität für Betriebsansiedlungen, es geht schlussendlich um die Widerstandsfähigkeit unserer Betriebe. Innovation macht schlicht und einfach stark. Was sie dazu brauchen, sind passende Rahmenbedingungen von der Politik: steuerliche Anreize für Investitionen, maßgeschneiderte Förderprogramme, ein Bildungssystem, das die Kreativität fördert.

Als WK begleiten wir Unternehmen auf diesem Weg und nehmen eine Vermittlerrolle zwischen realer Wirtschaft und Politik ein. Als Präsidentin möchte ich diese Vermittlerrolle genauso anlegen und werde die Politik ständig daran erinnern, wie wichtig Innovation und Forschung für unseren Standort ist.


In die Zukunft investieren bedeutet  …

2. in Digitalisierung und Automatisierung zu investieren

Das betrifft alle Branchen – die Industrie sowieso, aber auch das Gewerbe, den Handel, den Dienstleistungssektor. In meiner unternehmerischen Tätigkeit, als Digitalagentur, habe ich viele Betriebe in ganz unterschiedlichen Branchen kennen gelernt, und damit auch die Breite der Herausforderungen.

Gerade in der Zeit massiven Arbeitskräftemangels – Stichwort: demografische Entwicklung – ist Digitalisierung und Automatisierung eine Chance, die nötigen Freiräume für unsere bestehenden Mitarbeiter:innen zu schaffen und den Kund:innen weiterhin eine top Leistung zu bieten. Die Bevölkerung wird älter, es wird immer schwieriger, die richtigen Fachkräfte und Mitarbeiter:innen zu gewinnen. Vor diesem Hintergrund wird die Automatisierung zu einem unverzichtbaren Instrument, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten

Als Interessenvertreter der Wirtschaft erinnern wir die Politik ständig daran, dass die Rot-Weiß-Rot Karte flexibler sein könnte. Und, dass es einfacher sein sollte, nach Österreich zugewanderte qualifizierte Menschen in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Wir Unternehmer:innen können und müssen aber auch selbst etwas tun. Die Automatisierung von Geschäftsprozessen und die digitale Transformation sind nicht nur flüchtige Trends, sondern der einzige Weg, um auf Dauer wettbewerbsfähig zu bleiben.

Als WK unterstützen wir Unternehmen in dieser Transformation und fordern auch hier praktikable rechtliche Rahmenbedingungen ein, damit das in der Praxis gelingen kann. Das wird definitiv einer meiner Schwerpunkte werden.

In die Zukunft investieren bedeutet …

3. in neue Märkte zu investieren

Tirol ist keine Insel – im Gegenteil: Wir liegen geographisch außergewöhnlich günstig und sollten diese Lage noch stärker nutzen als bisher.

Die Exporte von Qualitätsprodukten „Made in Tirol“ sind eine Erfolgsgeschichte. Mittlerweile exportieren wir Waren und Dienstleistungen im Wert von 16,6 Milliarden Euro jährlich. Ich möchte daher den Tiroler Betrieben den Weg in neue Absatzmärkte so einfach wie möglich machen. Die Wirtschaftskammer verfügt über ein breites Netz an Außenhandelsstellen und viel Expertise im eigenen Haus hier in Tirol.

In meiner Tätigkeit in Brüssel habe ich gesehen, wie bedeutend die europäische und die internationale Dimension für unseren Standort ist.

Und hier kommt auch der europäische Gesetzgeber ins Spiel. Es soll ja vorkommen, dass bis die Politik zu einer Entscheidung kommt, das Unternehmen das Problem schon gelöst hat. Unsere Unternehmen brauchen Freiraum, um mutige Entscheidungen treffen zu können. Und deshalb müssen wir auch darauf achten, dass dieser Freiraum durch immer mehr Vorschriften und Berichtspflichten nicht noch kleiner wird.

Stichwort Lieferkettengesetz, wird gerade verhandelt: Eigentlich gut gemeint, aber im Gesetzgebungsprozess läuft so manches aus dem Ruder, weil aus einem Lieferkettengesetz ein Wertschöpfungskettengesetz gemacht wird. Die sogenannte Taxonomie, ein Instrument für die Finanzwirtschaft, um grüne Investitionen anzukurbeln, bringt auf der anderen Seite heimische Banken bei ganz normalen Unternehmensfinanzierungen stark unter Druck.
„Gold Plating“ klingt so harmlos, bringt aber 500 Millionen Euro zusätzliche Kosten für unsere Betriebe und geht langfristig an die Substanz, wenn so mancher Paragraph unbedacht aufgedoppelt wird.

Selbstverständlich werde ich meine Erfahrungen und Kontakte aus Brüssel auch in meine Arbeit für die Tiroler Wirtschaft einbringen und wir werden uns frühzeitig einmischen, wo es notwendig ist.

Die letzten Jahre – als Unternehmerin, als Kammerfunktionärin und auch als Politikerin – haben mir die Möglichkeit gegeben, die Tiroler Wirtschaft wirklich gut kennenzulernen – ob groß oder klein, ob Dienstleistungsunternehmen oder Produktionsbetrieb, ob traditionell oder Hightech. Und überall habe ich folgendes festgestellt: Wenn es darum geht, den kleinen, aber feinen Unterschied zu machen, wenn es darum geht in die Zukunft zu investieren, dann geht es um Innovation, Forschung, Digitalisierung und Automatisierung. Und deshalb sind mir diese Bereiche so wichtig.

Diese Schwerpunkte werde ich mit voller Energie und Leidenschaft angehen. Und ich werde sie nicht alleine angehen – weil es ein tolles Team im Haus gibt.
Dazu gehören alle Funktionär:innen in den Fachgruppen und Sparten sowie in den Bezirken, die Mitarbeiter:innen im Haus mit Evelyn Geiger-Anker an der Spitze und natürlich auch das Team im Präsidium. Das ist nicht zufällig mit Martina Entner, Manfred Pletzer, Anton Rieder und Martin Wetscher besetzt. Jede und jeder von ihnen bringt in ihrem /seinem Bereich hohe Expertise mit und sorgt damit für einen Mehrwert für unsere Mitgliedsbetriebe.

Martina Entner deckt die Themen Regionalität, Tourismus und Frau in der Wirtschaft ab, Manfred Pletzer ist ausgewiesener Experte bei Energie, Nachhaltigkeit und Bildung, Anton Rieder ist einer der führenden Bauprofis in unserem Land und Martin Wetscher ist die Ortskernbelebung und der Wandel im Handel ein großes Anliegen.

Viele große Aufgaben, viele kleine Aufgaben. Auf der einen Seite das umfangreiche Tagesgeschäft, auf der anderen Seite die Weichenstellungen, um die Zukunft zu gestalten. Das ist die Bandbreite, die ich für mich und mein Team sehe.

Kurz gesagt: Ich möchte als Präsidentin eine aktive Vermittlerin zwischen realer Wirtschaft und Politik sein. Als Wirtschaftskammer möchten wir für unsere Unternehmen das Klima schaffen, das ihnen ermöglicht, das zu tun, was sie am besten können: etwas unternehmen und damit in die Zukunft unseres Landes zu investieren.”

 

One thought on “Barbara Thaler – Unsere neue Präsidentin stellt sich vor

  • Danke für die Weiterführung von Bewährtem, aber auch für die klare Stoßrichtung zu den 3 benannten Schwerpunkten. Auch ich sehe hier weiteren Handlungsbedarf und deutlich mehr Umsetzungserfordernisse. Vor allem bei Klein- und Mittelbetrieben ist noch viel “Digitalisierungspotenzial”, das im Bereich von Mitarbeitermangel und Dienstleistungsqualität am Kunden hilfreich eingesetzt werden kann. Vielfach fehlt nur der Startschuss. Als plakatives, wenn auch nur kleines Beispiel, mache ich bei einem guten Restaurant außerhalb Tirols (aber in Österreich) meine Tischreservierung bei einer KI, der ich erst gegen Ende des Gesprächs auf ihre künstliche Identität draufgekommen bin und die ich 24/7 kontaktieren kann, während in anderen Gastronomiebetrieben für eine Reservierung oftmals das Telefon nicht abgehoben wird. Wenn wir es als Wirtschaftskammer auch noch schaffen, beim Thema “Bildung” auch ganz junge Menschen anzusprechen, um das Verständnis für “wirtschaftliche Grunderfordernisse für das Funktionieren unseres Staates” zu fördern und mit den “Work-Life-Balance Wünschen der jüngeren Generation” in Einklang zu bringen, dann gibt das meines Erachtens die richtigen Impulse bei diesen Themen. Ich wünsche dir und allen Lenker:innen der Wirtschaftskammer gutes Gelingen und viel Erfolg.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert