„Green Deal: Viel Green und wenig Deal? “

Foto: European Parliament Stavros

Die grünen Industrien gibt es in Europa bis dato erst auf dem Papier.

Die Tiroler EU-Abgeordnete Barbara Thaler berichtet in ihrer Kolumne direkt aus dem Europaparlament über die Folgen des „Inflation Reduction Acts“ für Europa.

Als Ursula von der Leyen, am 11. Dezember 2019 den Green Deal vorstellte, nannte sie es einen „man on the moon moment for Europe“. Die erfolgreiche Mondlandung der Amerikaner feierte damals gerade das 50-jährige Jubiläum, der Vergleich schien passend zum Anspruch.

Europa sah sich als „Frontrunner“ und tatsächlich, weder China noch Amerika schienen 2019 und 2020 geneigt zu sein, dieselben Anstrengungen zu unternehmen. Europa war den anderen zwei großen Volkswirtschaften definitiv voraus. Aber, um beim Mondvergleich zu bleiben, auch Sputnik wurde nicht von Amerika aus in die Erdumlaufbahn geschossen.

Mittlerweile sind wir in dieser Legislaturperiode schon weiter fortgeschritten und auch die Amerikaner haben ihre Variante des Green Deals vorgelegt. Sie heißt „Inflation Reduction Act“, kurz IRA. Am 01. Januar 2023 soll er in Kraft treten und er führt zu gewaltiger Unruhe – in Europa. Die Amerikaner machen damit vor, wie man Ökologie und Ökonomie verbindet. Denn, während die europäische, regelungsaffine Variante zwar den Co2-Gehalt von Sägespänen normiert und vorschreibt, welche Wasserkraftwerke unter welchen Umständen Strom für die Erzeugung von grünem Wasserstoff liefern dürfen, wählen die Amerikaner einen anderen Zugang.

„Die Amerikaner machen vor, wie man Ökologie und Ökonomie verbindet“

MEP Barbara Thaler

Grob gesagt funktioniert er so: Jegliche Produktion, die CO2 einspart, von der Batterieerzeugung und dem Bau von E-Autos bis hin zum Bau von Windrädern und die Erzeugung von grünem Wasserstoff, wird mittels Steuergutschriften gefördert. Allerdings nur, wenn es in Amerika produziert wird. In Kombination mit den billigeren Energiepreisen führt das dazu, dass nicht in Europa die grünen Industrien entstehen, sondern in Amerika investiert wird. Denn unsere eigenen Schutzmaßnahmen, wie der CO2-Grenzausgleichsmechanismus, greifen nur, wenn die importierten Güter tatsächlich mehr CO2 beinhalten. Das tun sie aber im Fall der IRA-geförderten Produkte nicht. Das bedeutet: Unser Markt steht offen, während der amerikanische Markt für unsere Exportwirtschaft verschlossen ist.

Seit September liest man deshalb immer öfter, dass eine Batteriefabrik zum Beispiel nicht in Brandenburg, sondern in Texas gebaut wird, oder dass BMW nicht in Niederbayern investiert, sondern in South Carolina. Wir dürfen uns nichts vormachen, sowohl China als auch Amerika wollen das Rennen um diese Zukunftsindustrien gewinnen. Europa ist im digitalen Bereich bereits abgehängt, wir können uns nicht leisten, auch in diesem Rennen nur Dritter zu werden. Dazu müssen wir den „Deal-Teil“ des Green Deals ernstnehmen.

Die nächsten Jahre werden für unsere Zukunft entscheidend sein, denn noch gibt es diese grüne Industrie nur auf dem Papier. Gelingt es uns nicht, die ersten großen Investitionen in Europa zu haben, dann wird es uns auch nicht gelingen, den Abfluss von Investitionen zu stoppen und umzukehren. Dann wird Europa auf Jahrzehnte hinaus geschwächt sein. Noch können wir die Dinge aus eigener Kraft zu unseren Gunsten ändern, aber das bedingt, dass man Klimapolitik mit Wirtschafts- und Industriepolitik in Einklang bringt.

Du hast Fragen zu meiner Arbeit? Dann schreib mir unter barbara.thaler@europarl.europa.eu


Zum Nachlesen:

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